David Wonschewski | Schriftsteller

Kulturjournalist – Romancier – bipolarer Bedenkenträger

David Wonschewski sammelt, aber auch nur vermutlich: Klassiker der britischen Rockvinylgeschichte.

Schon klar. Eigentlich hätte zu meinem Einstieg ins britische Rockklassikervinylwesen das Oasis-Debüt “Definitely Maybe” (1994) ins Bild gehört. Oder “All Mod Cons” von The Jam (1978). Oder, oder, oder. War mir dann aber alles zu naheliegend. Vertrug sich nicht mit meiner Profilneurose.

Wer es nicht mitbekommen hat, das Neue an diesem britischen Rockklassikervinylwesen ist für mich das Vinyl. Zeitlebens ein Spätzünder, sattle ich gerade erst um, von Kleinsilber auf Großschwarz. Und um zu vermeiden, mir meine diversen tausend CDs nun als Vinyl allesamt nachzukaufen, wofür ich leider genau der Typ wäre – freilich ohne zugleich der Typ dafür zu sein, sich derlei Spirenzchen finanziell auch nur ansatzweise leisten zu können – begebe ich mich nach Art aller Freaks notgedrungen in einen Freakism. Erschaffe ein Subsubsubgenre, erkläre es nassforsch zu edlem Stil, einer tiefgreifenden Ahnung von Kunst, kaschiere damit aber im Grunde nur meine hilflose Anfälligkeit für Klangkäuflichkeiten.

Den Anfang bei den britischen Rockvinylklassikern machen nun also: Inspiral Carpets – “The Beast Inside” (1991) und Happy Mondays – “Pills ‘n’ Thrills and Bellyaches” (1990). Madchester-Sound, hach. Natürlich kenne ich beide Platten schon in- und auswendig, habe ja beide oder zumindest eine oder auch keine davon bereits auf CD da. So genau weiß ich das nicht, auch so ein Fluch der Maßlosigkeit. Man findet nix nix nix wieder. Aber auch das hat ja nun ein Ende. Denn ab jetzt sammle ich, Trommelwirbel bitte: Britiker der vinylen Geschichtsröcke! Ne … Vinyliker der geschichtlichen Rockbritessen!

Oder wie ich den Kram nochmal genannt habe. Eigentlich egal. Hauptsache, der Postmann klingelt immer zweimal. Pro Tag. Entscheidend ist auf’m Platz, sagt der Fußballweise. Und entscheidend is’ auch an der Tür, fügt der Musikidiot hinzu.

So. Nun brauche ich nur noch einen Tipp, wie man Schall und Wahn aus diesen Dingern gequetscht kriegt. Wie war denn das noch? Hm. USB-Port scheint mir keiner dran zu sein. Seltsam, mein Handy findet via Bluetooth auch nichts … Nein, keine Sorge, war’n Witz. Ich weiß noch sehr gut, wie das geht. Bin ja nicht von gestern. Sondern als Jahrgang 1977 ganz Vinyl-adäquat sogar von vorgestern. Da ist irgendwo so ein Nippel angebracht. Und eine Lasche. Und man muss jetzt nur noch, mit etwas Schmackes, diesen Nippel ganz behände durch…. weiß doch jedes Kind. Der 70er. Und schon kommt einer meiner All-Time-Favorite-Refrains da irgendwo raus. “Kinky Afro” heißt das Lied, ist offenbar noch nicht ent-winnetouisiert worden. Wie gut, dass ich gar keine Lust habe drüber nachzdenken, ob das nun den Tatbestand des geringschätzigen Kolonialismus erfüllt oder doch eher den der übertrieben wertschätzenden kulturellen Aneignung. Denn das geht ziemlich lässig: Yippee-ippee-ay-ay-ay-yey-yey, I had to crucify some brother toda-ha-hay! Und das geht nochmal: Yippee-ippee-ay-ay-ay-yey-yey, I had to crucify some brother toda-ha-hay!

Ich mache ja selten Party, da aber schon. Shaun Ryder, der Sänger der Happy Mondays, ist mir im Übrigen deswegen so sympathisch, da er sehr offensichtlich über den gleichen armselig-limitierten tänzerischen Aktionsradius verfügt wie ich. Überhaupt macht er exakt das, was auch ich zwangsweise immer so machte on the dancefloor. Sah auch bei mir immer wenig nach tanzen und dafür mehr so aus, als suchte ich was, was mir aus der Tasche gefallen ist. Wie Bez, der hauptamtliche Tänzer, den sich die Happy Mondays auch wirklich nur als Dauertänzer leisteten (ich erinnere mich, EMF hatten seinerzeit auch so ein nur tanzendes Bandmitglied, eine Marotte der frühen 90er scheinbar), kann ich zwar auch tanzen. Dafür muss ich aber vorher mindestens ein bis zwei UFOs gesehen haben. Mit Dinosauriern drin. Die aus Nietzsches Zarathustra zitieren.

Soll aber bald ja ganz legal möglich sein, vernahm ich. Sogar als Frau. Also ich als Frau. UFOs sehend. Schon toll. Yippee-yay. Lasst uns crucify some brothers today-ay-ay.

Man schaue und dance unten.

Ein Kulturjournalist tobt sich aus. Mehr Informationen zu den Romanen von David WonschewskiHIER.

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