von David Wonschewski
Für die weniger Eingeweihten: Im Januar 2023 wurde in den USA der Afroamerikaner Tyre Nichols von Polizisten, man muss es so sagen, bei einer relativ lapidaren Kontrolle sinnlos totgeprügelt. Totprügeln ist immer sinnlos, in dem Zusammenhang aber doppelt, dreifach, vierfach. Der Aufschrei danach ist groß, aber nicht so heftig wie bei George Floyd, einem der Treiber der blacklivesmatter-Bewegung. Denn: Die Beamten waren nicht weiß, es waren Dunkelhäutige.
Es steht mir nicht an mich in irgendwas in den USA reinzufühlen, weder BLACK noch WHITE. Hierzulande aber war die Verwirrung groß: Häh, farbige Polizisten hauen einen Farbigen tot? Wie das? Total unlogisch! Und ich habe mich gefragt, warum das so ist, warum sehen das viele Menschen hier als absurd oder bizarr an? Ich finde das total logisch. Den ja, auch ich habe meinen James Baldwin gelesen. Der Afromaerikaner, der in einem Essay schon 1967 sinngemäß sagte: Wenn du als Afroamerikaner die Polizei rufst, bete, dass sie Weiße schicken.
Warum sagt so eine anerkannte Geistesgröße so etwas? Nun, weil er über den Tellerrand rausblickte. Wir Menschen neigen ja dazu, “Menschenschubladen” als doof zu finden, dennoch selbst zeitlebens diese aufzuziehen. Wir unterstellen Homogenität. Alle Farbigen ziehen an einem Strang, alle Schwulen, alle Frauen. Und auch die fiesen toxischen weißen Männer. Keine Bewegung kommt ohne das aus, die “Anderen” sind immer Schublade. Greta wäre nix ohne Schublade. Dabei kennen wir alle die Wahrheit. Die Eigenen drangsalieren auf eine Art, die die Anderen nicht kennen.
Nehmen wir Michael Jackson. Bei allem Talent, warum wurde er so ein globaler Star? Durch Anbiederung an die Weißen, musikalisch, optisch. Die Karriere dieses, das meine ich als Kompliment, Überkünstlers, lässt sich nur mittels Komplexanalyse lesen. Ein Farbiger und Jüngster aus, was war das, Indiana. Aufstieg ist Weiß. Nehmen Sie unsren Xavier Naidoo oder Kanye West. Reden wie Obernazis. Komisch? Nein, logisch.
Ich hatte viele weibliche Vorgesetzte in meinem Leben. Wissen Sie, was die meisten einte? Die verhielten sich männlicher als die Männer. Letztlich wirkt bei farbigen Polizisten das gleiche: Für viele ist es eine Auszeichnung zum Establishment zu gehören, sie denken aber doppelt leisten zu müssen, damit sie diese Beförderung verdienen. Kennt man aus Deutschland, unter uns Deutschen ist einer, der in den Staatsdienst eintritt ja immer so ein bisschen ein Lullikopp. Unter Migranten egal welcher Generation ist das hoch im Kurs. Angekommen!
Es gibt eine Statistik bei der US-Polizei. Die besagt, dass farbige Polizisten mehr Farbige in den Knast schicken als weiße Polizisten. Daher wohl der Baldwin-Spruch. Farbige Aufsteiger überkompensieren, wollen sich doppelt beweisen. Es gibt was ähnliches hier: Frauen fühlen sich wohler mit männlichem Boss als mit weiblichem. Ist kein patriarchales Opfertum, sondern das Gespür dafür, dass Chefinnen oftmals überkompensieren.
Die farbigen Polizisten in den USA sind halt in einem aktiven Bereich tätig. Selten Schreibtisch. Ja, es ist Rassismus. Aber logisch. Wer afroamerikanische Literatur kennt, kennt diese unsichtbare Hierarchie, helle farbige, dunkle Farbige. Wer Feminismus anschaut, erkennt das Gleiche. Feminismus funktioniert, solange man den weißen Mann als plakativen Täter hat. Das Hauen und Stechen der Feministen untereinander aber ist seit einiger Zeit ebenfalls in vollem Gange.
Länger nicht.
Lesen Sie auch: „Suizid war gestern. Von einem, der sich erst all seiner Möbel, dann seines Ich-besoffenen Lebens entledigte.“ / Auszug aus dem Roman „Blaues Blut“ von David Wonschewski – HIER.