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von David Wonschewski
Oh, das tut doppelt weh – exakt heute vor 31 Jahren, am 09. Dezember 1989 – wurde „We didn’t start the fire“ von Billy Joel zum Nummer 1 Hit. Es tut weh, weil es so lange her ist. Und weil es der erste Hit war, der mir unsagbar wehtat. Ich finde Billy Joel super, aber bei der Nummer bluten mir noch heute nach 30 Sekunden die Ohren.
Der Text ist ein sogenannter „stream-of-consciousness“, eine Aneinanderreihung von Weltproblemen, bei der Billy Joel das Gefühl hatte, dass vorhergehende Generationen es verbockt haben, seine es aber ausbaden muss. Greta ick‘ hör dir trapsen. Laut Joel schrieb er das Stück im Übrigen nach einer langen Unterhaltung, die er mit John Lennon’s Sohn Sean geführt hatte. Was die Sache irgendwie nicht besser macht, wie ich finde.
Den Gesangsstil, den Joel in dem Lied auffährt, nennt man im Übrigen „rapid lyrics style“, was – wenn ich es dreh‘ und wende – letztlich wohl einfach nur bedeutet, dass für wirklichen Rap weder das Talent noch das Image vorhanden waren. Und so neu sich das 1989 auch anfühlte, war es selbstredend ein alter Hut. Man nehme Bob Dylan („Subterranean Homesick Blues“, 1965) oder, natürlich, R.E.M. (It’s the End of the World As We Know it“, 1987). Beides Beweise dafür wie gut man das Konzept umsetzen kann.
Warum das Lied einem für Joel-Verhältnisse so unsagbar auf den Puffer geht, hat im Übrigen einen simplen Hintergrund. Hochmusikalisch, wie der Mann veranlagt ist, komponierte er in der Regel zunächst die Musik und dachte sich danach Texte dazu aus. „We didn’t start the fire“ ist eine der wenigen Ausnahmen, wo er es andersherum vollbrachte. Es spricht für Billy Joel, dass er dem Billboard Magazine gegenüber bekannte: „Musikalisch ist das schrecklich. Wie ein Moskito, der dir beständig um die Ohren surrt.“ Dass er den Song selbst nicht besonders mag, hat dabei noch einen Grund, den wir alle schon immer ahnten: Er hat Mühe, sich den Text zu merken, das Teil live zu performen ist demnach ziemlich ätzendes Stückwerk. Bei dem er sich bei Konzerten regelmäßig von seinem Publikum helfen ließ. Wenn er einen Hänger hatte, schaute er denen einfach auf den Mund. Oder ließ sie einfach ganze Teile singen und klimperte nur dazu. Und tat so, als sei das Teil einer typischen Publikumseinbindung. Ha.
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Ich schließe mich Maccabros an… ich mag das Lied und ich wage es nicht wegzudrücken, wenn der Zufallsmodus das Lied ausspuckt. Dann teste ich lieber mein Gedächtnis, ob ich mir die Worte auch in der richtigen Reihenfolge gemerkt habe 😉
Billy Joel als Anti-Dylan. Ich mochte den Song nie: They wash their hands in Unschuld, haben allzeit nur Frieden und Democracy gestiftet, hör doch auf!
Junta hier und Junta da, Menschenrechte? Tralala – nich für Lateinamerika!
“Masters of war”( Dylan) – “Star spangled banner”(Hendrix) – es gab also schon mal hellere Momente in american Rockgeschichte.
Wie dem auch sei – es gefällt noch immer… 🙂