Ein misanthropischer Musikjournalist tobt sich aus – lesen Sie auch „Schwarzer Frost“, den von der Thomas Bernhard-Gesellschaft empfohlenen bitterbösen Debütroman von David Wonschewski. Mehr Informationen zu diesem Buch finden sich: HIER.
von David Wonschewski
Es gibt zielgerichtetes Marketing. Und es gibt Zufälle.Ist es Marketing, so kann es zwar ein wenig plump und hüftsteif daher kommen, dennoch sehr effektiv sein. Ist es jedoch Zufall, so lässt es uns ein wenig erschaudern. Wie Vorsehung erscheint es uns dann mitunter. Vision.
Sicherlich, der Song “Space Oddity” von David Bowie wurde nicht zuletzt durch die Mondlandung 1969 zu Bowies erstem Welterfolg und auch kommerziellem Durchbruch. Und in der Tat wirkt es ja wie von Marketingexperten durchorchestriert – erst die vom ganzen Planeten am TV mitverfolgte Mondlandung. Dann, zack hinterhergeschoben, das Lied um den Astronauten Major Tom, der nicht so recht zurückfnden mag zu Mutter Erde.
Okay, die Mondlandung war am 21. Juli 1969. Singleveröffentlichung am 11. Juli 1969, was durchaus geplant gewesen sein dürfte. Aber: geschrieben worden war das Stück bereits 1968. Als Bowie von einem großen Schritt für die Menschheit, der auch zu einem großen Schritt für ihn selbst werden sollte, noch keinerlei Schimmer haben konnte.
Auf die Idee zu Space Oddity gekommen war Bowie, nachdem er den Stanley Kubrick-Film 2001: A Space Odyssey gesehen hatte.Und von dem er nicht nur inhaltlich inspiriert wurde, sondern auch den Titel in leicht abgewandelter Form übernahm. Die BBC war es, die das Stück ahm, um damit die Mondlandung im Juli 1969 zu unterlegen. Was David Bowie selbst etwas unangenehm war, wie er 2003 dem Musikmagazin Performing Songwriter gestand:
“In England, it was always presumed that it was written about the space landing, because it kind of came to prominence around the same time. But it actually wasn’t. It was written because of going to see the film 2001, which I found amazing. I was out of my gourd anyway, I was very stoned when I went to see it, several times, and it was really a revelation to me. It got the song flowing. It was picked up by the British television, and used as the background music for the landing itself. I’m sure they really weren’t listening to the lyric at all (laughs). It wasn’t a pleasant thing to juxtapose against a moon landing. Of course, I was overjoyed that they did. Obviously, some BBC official said, ‘Oh, right then, that space song, Major Tom, blah blah blah, that’ll be great.’ ‘Um, but he gets stranded in space, sir.’ Nobody had the heart to tell the producer that.”
Man darf in diesem Zusammenhang nicht vergessen, dass seinerzeit selbstverständlich keineswegs klar war, dass die Mondlandung glückt. Die Gefahr, dass es Armstrong & Co. bei einer Unvorhergesehenheit zerschhießt und verglühen lässt war enorm hoch. In einem solchen Fall hätte Bowe mit seinem Lied als Cassanda-hafter Totengräbber dagestanden.
Aber nix da, die Mondlandung war erfolgreich und Bowie landete zumindest in seiner Heimat GB einen Top Ten-Hit. In den USA versackte der Song im Übrigen und brauchte einen zweiten Anlauf wenige Jahre später, um auch dort zumindest in die Top 40 zu kommen.
Gerüchte, dass David Bowie auch seinen Künstlernamen (gebürtig heißt er David Jones) an den Filmprotagonisten David Bowman aus Space Odyssey angelehnt hat haben sich zwar nie bestätigen lassen. Dafür scheint es gesichert, dass Bowie, der das Lied auf der Akustikklampfe schrieb, sich bei einem der besten Gitarristen aller Zeiten bediente: Jimmy Page von Led Zeppelin.
Jimmy Page erzählte dem Uncut Magazin im Juni 2008: “I played on his records, did you know that? His very early records when he was Davy Jones & The Lower Third. The Shel Talmy records. I can think of two individual sessions that I did with him. He said in some interview that on one of those sessions I showed him these chords, which he used in ‘Space Oddity’-but he said, ‘Don’t tell Jim, he might sue me.’ Ha ha!”
Als Produzent des Songs wünschte sich Bowie im Übrigen den Beatles-Impessario George Martin, der aber dankend ablehnte. Als nächstes sprach Bowie Tony Visconti an, der den Sound von T.Rex entscheident mitgeprägt hatte ( und später auch für u.a. Thin Lizzy und die Manic Street Preachers arbeiten sollte). Der fand zwar gefallen an Bowies Liedern und sollte später auch immer wieder mit ihm zusammenarbeiten. Nur die Arbeiten an Space Oddity übertrug er einem Kollegen, da er die Idee kurz vor der Mondlandung einen Song über eine Mondlandung zu veröffentlichen als was betrachtete? Genau: billige Trittbrettfahrerei.
Dass mein eigener erster Lieblingssongs – ich war knapp sechs und bei Peter Schillings Major Tom ließ sich einfach ganz wunderbar rauschhaft abheben – auf Space Oddity zurückgeht, ist eine ganz andere Geschichte.
Lesen Sie auch die Hintergrundgeschichte zu:
Kansas – “Dust in the Wind”. Und zwar: HIER.
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Ein Musikjournalist tobt sich aus – „Schwarzer Frost“, der bitterböse Debütroman von David Wonschewski. Mehr Informationen zu diesem Buch entnehmen Sie bitte den Seiten dieses schattigen Blogs. Oder aber tummeln sich direkt HIER.
Über David Bowie ist grade eine zauberhafte Biografie erschienen: https://meinkunstbuch.wordpress.com/2021/02/28/bowie-ein-illustriertes-leben/
Grade ist ein empfehlenswertes Buch über DB erschienen: https://meinkunstbuch.wordpress.com/2020/03/15/mick-rock-the-rise-of-david-bowie-1972-1973/
DAS war noch Musik für die Ewigkeit… 👍🎸👍
Sehr schöner Beitrag zu einem absoluten Meisterwerk der Musik 😊 “This is Major Tom to Ground Control, I’m stepping through the door “🎶