von David Wonschewski
Nun, ob die zu Recht kultig verehrte Deutsch-Amerikanische Freundschaft – kurz DAF – der Anfang von dem waren, was heutzutage unter dem Label „Noise“ verortet wird oder ob nicht doch die Kalifornier von Chrome mit ihren Alien Soundtracks einen Wimpernschlag eher waren: Egal, weil eh nur das Geschwafel eines Musikschreiberlings, der gleich zu Beginn zeigen will, dass er sich auskennt und nicht vorhat, plump und blind den üblichen Label-Vorgaben hinterher zu hecheln. Die auch zur Reissue des DAF-Debüts Ein Produkt der Deutsch-Amerikanischen Freundschaft(1979) natürlich wieder via Beipackzettel nett formuliert vorgegeben werden.
Von dieser Spitzfindigkeit einmal abgesehen bieten Label und Platte (und sogar der Beipackzettel) allerdings tatsächlich einen wunderbar unverstellten Blick auf ein großes Stück Musikgeschichte. Oder besser: Ein viel zu oft sträflich vernachlässigtes Stück Musikgeschichte. Denn die Düsseldorfer bzw. Wuppertaler von DAF, die erst ab 1980 etwa gerade auch durch die wahnsinnsnahen Texte des Sängers Gabi Delgado zum Objekt kultischer Verehrung wurden, tja, die boten auf ihrem gelben Erstling ausschließlich Instrumentalware an. Denn für die markigen und markanten Einfälle eines Delgado waren weder die Zeit, noch DAF selbst bereits reif, was dazu führte, dass der Sänger gleich zu Beginn der Aufnahmen zu diesem Debüt in die Flucht geschlagen wurde, aus Angst, die großartigen Klangideen und Tonexperimente zu sehr zu verschandeln. Mit dem Ergebnis eines Sounds, der in 22 unbetitelten Tracks, die jeweils zwischen 19 Sekunden und drei Minuten währten, derart jeglicher Vorstellung war, dass es noch heute schwerfällt, all das in Worte zu gießen. Strukturen sucht man vergeblich, auch über den Sinn und Unsinn von Melodien kann vermutlich selten so trefflich diskutiert werden wie hier. Und doch ist der ausufernde Krachexzess der frühen DAF nicht weniger als die Fortführung der Krautrock-Waghalsigkeiten von Can, Neu! Oder La Düsseldorf. Nur eben in brutal, in brachial.
Schön ist das alles nicht, natürlich nicht, darf es auch nicht sein, eben weil es Pionierarbeit in seiner puren Form und in seiner bestechendsten Veranlagung ist. Ein wüstes Konglomerat aus Mensch und Technik, aus bewussten Fehlern und irrläufigen Taktverschiebungen. Und somit dringend nötig, um Jahre später die Musik von Nachfolgebands wie zum Beispiel Sonic Youth, Dinsosaur Jr. Oder aber auch The Jesus & Mary Chain auch nur theoretisch zu ermöglichen.
Großartiger Dekonstrukteurs-Stoff, Zer- und Verstörung im Gleichschritt.
Ein Musikjournalist dreht ab. Über die nervenzermürbende Lachhaftigkeit psychischer Schräglagen: Lesen Sie auch „Schwarzer Frost“, „Geliebter Schmerz“ und „Zerteiltes Leid“ – die bisher erschienen drei Bücher von David Wonschewski. Mehr Informationen dazu gibt es: HIER.
Bei DAF fällt mir sofort der Räuber und der Prinz ein und das ist ein Stück, welches das “Niveau” von Trios Da, Da, Da noch toppen kann und das will etwas heißen…
Oh ja, absolut. Positiv betrachtet eine der größeren menschlichen Herausforderungen, der sich nur die Tapfersten und Mutigsten von uns stelllen…naja und negativ formuliert: kompletter Nonsens.;-))
Wie war das: “Über Musik schreiben ist wie Architektur tanzen.” (aus dem Gedächtnis zitiert, Frank Zappa???)