Einerseits gehöre ich zu den Leuten, die blasiert genug sind, sich was darauf einzubilden, dass sie den Mainstream großräumig umfahren. Andererseits stimmt das natürlich nicht. Also das mit dem “blasiert” schon, ha, aber das mit dem Mainstream, das stimmt nicht. Wie alle anderen bilde auch mir lediglich ein ihn großräumig zu umfahren, zimmere mir meine eigene selektive Independent-Bubble-Sicht zurecht. Ignoriere sauber all die dtv- und suhrkamp-Klassiker, all die Literaturnobelpreisträger in meiner Bücherwand, sehe nur das Kleinstverlagszeug. Vermutlich so ein modernes “hach, ich bin unglaublich individuell”-Ding, das total aus dem Ruder gelaufen ist. Als wäre es ein Qualitätsmerkmal nicht Teil der Masse zu sein.
Ausbrechen aus dieser tumben Selbstidealisierung lässt sich nur mit Gewalt. Ja, ich gestehe: Ab und an gehe ich los, betrete eine Buchhandlung und greife mir die Biederware, die mir dort als neuester Megaseller auf dem erstbesten Konfirmandenpräsentiertisch vorgesetzt wird. Wohl wissend, dass wirklich faszinierende Leseware daran zu erkennen ist, dass sie mühevoll in Regalen erstöbert werden muss (so sie es denn überhaupt dort hinein schafft).
Klar, kommt sehr auf die Buchhandlung an. Aber noch mehr auf mich, denn um sich eine blasierte Haltung auch nur halbwegs leisten zu können muss man, das bedingt die Logik, ab und an mal zu so einem Werk greifen, das einem allerorten vor den Latz geknallt wird. Schon um sich vom berechtigten Vorwurf loszueisen, keineswegs nonkonformistisch und clever, sondern einfach nur ignorant zu sein.
Gemacht, getan: “Herzland” von Téa Obreht gekauft, gestern angefangen zu lesen. Das stach mir so oft in die Augen und versprach zudem ein durchaus interessantes Sujet, dass es einfach wieder an der Zeit war dem Mainstream meine Aufwartung zu machen. Immerhin macht sogar Barack Obama Werbung für das Buch. Und wo Barack ist, ist Michelle nicht weit. Was mich normalerweise direkt abstoßen würde, aber ich will ja die eigene Bubble zerstechen. Also ignoriere ich das Obama-Zitat auf dem Einband und den Vergleich mit Gabriel Garcia Marquez (da tut mir Téa Obreht, keine Ironie, eher leid, wer solche Verlags”hilfe” erhält, benötigt keine Henker von außen mehr).
Wie dem auch sei, vom ersten Kapitel weiß ich zu berichten, dass mir die amerikanische Outlaw- und Siedlerstory, spielend um 1890, enorm zusagt. Ab dem zweiten Kapitel jedoch die Sehnsucht aufkommt nach ein paar Seiten am Stück, in denen nicht beständig Tote durchs Bild latschen, in die Story quatschen. Hübsche Idee zwar, aber untrennbar mit Bruce Willis verbunden. Nur der hat ein Patent auf so etwas. Bin gespannt, wie es weitergeht. Rezension: folgt.
Ein feines Wochenende wünscht
Ich